Lavendel und die Provence
Die Provence im sonnigen Süden Frankreichs ist immer noch der wichtigste Anbauort für Lavendel weltweit. Weite Lavendelfelder prägen das Bild der beliebten Urlaubsregion. Verschiedenste Faktoren müssen ein harmonisches Miteinander bilden, damit der Lavendel zufrieden ist. Die vier in der Provence kultivierten Arten haben ganz unterschiedliche Ansprüche, denen man gerecht werden muss, damit sie schön gedeihen. Das wichtigste gibt es dort zuhauf, das ist die Sonne. Alle Lavendelarten freuen sich über eine intensive Sonneneinstrahlung.
Geschichte des Lavendelanbaus in der Provence
Bereits in der frühen Antike wurde in der Provence Lavendel angebaut und geerntet und diente als Heilpflanze sowie der Herstellung von Parfum. Die Provence kann seit jeher als das Zentrum sowohl der wildwachsenden als auch der kultivierten Pflanze bezeichnet werden. Ab dem 18. und 19. Jahrhundert erwuchs zunächst sehr langsam die Lavendelindustrie und die ersten Parfumfabriken wurden in der Stadt Grasse, dem heutigen Zentrum der Parfumindustrie, gebaut. Bis dahin gab es nur den wilden Lavendel. Ganze Bauernfamilien beschäftigten sich mit der Zucht und der mühsamen Ernte des Lavendels. Unterstützt wurden sie von Ihren Schafen und Ziegen, die den Wildwuchs zwischen den Lavendelpflanzen reduzierten, indem sie alles außer dem Lavendel fraßen, den sie wegen seiner ätherischen Öle mieden. Für den richtigen Dünger wurde so auch auf ganz natürliche Weise gesorgt. Der Bedarf an Lavendelölen nahm zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf Grund einer weltweit gestiegenen Nachfrage stetig zu und konnte nicht mehr durch das Angebot, der in den Bergen geernteten Wildpflanzen, gedeckt werden. Die in Grasse ansässigen Parfumhersteller wollten dieser gestiegenen Nachfrage dadurch gerecht werden, indem sie versuchten den anspruchsvollen echten Lavendel in der Haute-Provence großflächig zu kultivieren. Doch der Anspruch dieser Pflanze an kalkhaltigen Boden, eine bestimmte Meereshöhe und ein wechselhaftes Klima erschwerte dieses. Zudem war der Ertrag der Pflanze, gemessen am Aufwand, sehr gering.
Verbreitung des Lavandins in der Provence
Um das Jahr 1930 herum wurde dann der Lavandin (Provence Lavendel oder Lavandula Intermedia) entdeckt. Dieser entstand durch anfänglich natürliche Kreuzungen und zwar dort, wo die Lavendelarten Echter Lavendel und Speiklavendel nebeneinander angebaut wurden. Die Bienen, die den süßen Lavendelnektar lieben, sorgten für eine gattungsübergreifende Bestäubung. Der Lavandin wird nicht durch Samen vermehrt, da er steril ist, sondern durch das Ausbringen von Stecklingen. Das Gleiche kennt man auch aus der Fauna von der Kreuzung Pferd und Esel. Die Nachkommen, die Maultiere, bzw. Maulesel, sind auch steril und können sich im Normalfall nicht alleine fortpflanzen. Schuld daran ist die ungleiche Chromosomenanzahl der Ausgangswirte. Die Ausbeute beim Lavandin bei der Gewinnung des ätherischen Öls ist dreimal höher als beim echten Lavendel. Als besonders ergiebig hat sich nach vielen Zuchtversuchen die Sorte Lavandin Grosso erwiesen. Sie ist eine Art Turbomilchkuh der Lavendelsorten. Ein weiterer Vorteil des Hybriden ist, dass eine Ernte bereits im ersten Jahr möglich ist, wohingegen man beim echten Lavendel zwei bis vier Jahre auf die erste Ernte warten muss. Der entscheidende Nachteil dieses Hybriden ist aber, dass die Qualität des ätherischen Öls aus heilkundlicher Sicht bei Weitem schlechter ist, als die der Wildarten Angustifolia, Stoechas und Latifolia. Trotz dieses Nachteils trat der Lavandin aufgrund seiner wirtschaftlichen Vorteile sehr schnell den Siegeszug im Anbau an. In der Provence beträgt sein Anteil mittlerweile etwa 75 %. Doch wie jede andere Monokultur, so schön sie auch sein mag, birgt sie immer das Risiko, bei einem plötzlich auftretenden Schädlingsbefall, oder einer Krankheit, gleich einen großen Teil der Pflanzen in Mitleidenschaft zu ziehen und dadurch einen massiven Ernteausfall zu verursachen, wie es in den letzten Jahren nun leider auch in der Provence zu beobachten ist.